Die Methode „Ein Bild übermalen“ bietet einen kreativen, interpretativen und symbolischen Zugang zu religiösen oder ethischen Inhalten. Dabei wird ein vorhandenes Bild – z. B. ein Gemälde, eine Fotografie oder ein Symbolbild – künstlerisch überarbeitet, verändert oder ergänzt, um persönliche Deutungen, emotionale Reaktionen oder inhaltliche Aussagen auszudrücken. Dieser gestaltend-reflexive Prozess schafft Raum für Auseinandersetzung mit biblischen Geschichten, Gottesbildern, Glaubensfragen oder ethischen Themen.
Für angehende Lehrkräfte ist dies eine niedrigschwellige, kreative und methodisch vielseitige Möglichkeit, Schüler:innen zum aktiven, sinnlich-symbolischen Umgang mit religiösen Themen zu befähigen.
1. Zielsetzung und Kompetenzen
Die Methode fördert:
- Symbol- und Bildkompetenz: bestehende Bildinhalte erkennen, deuten und verändern
- Kreativität und Ausdrucksfähigkeit: individuelle Zugänge gestalterisch umsetzen
- Reflexionsfähigkeit: Auseinandersetzung mit Inhalten auf emotionaler und kognitiver Ebene
- Deutungskompetenz: Verbindung von Bildsprache und religiösen Themen
- Wertbewusstsein: eigene Haltung zu Glaubensfragen oder ethischen Konflikten darstellen
- Ästhetische Bildung: bewusster Umgang mit Form, Farbe und Gestaltungsmitteln
2. Didaktischer Mehrwert im Religionsunterricht
Die Methode eignet sich besonders, wenn:
- Schüler:innen subjektive Zugänge zu religiösen Bildern oder Szenen entwickeln sollen
- ein Interpretationsprozess anschaulich und persönlich erfahrbar gemacht werden soll
- symbolische oder spirituelle Dimensionen von Inhalten sichtbar werden sollen
- eine künstlerisch-expressive Verarbeitung ethischer oder biblischer Themen angestrebt wird
- ein produktorientierter Zugang zur Vertiefung oder Sicherung gewählt wird
3. Methodischer Ablauf
a) Auswahl des Ausgangsbildes
Geeignet sind:
- religiöse Kunstwerke (z. B. klassische oder moderne Darstellungen von Jesus, Gleichnissen, Heiligen)
- symbolische Bilder (z. B. Kreuz, Hände, Wege, Licht)
- Alltagsszenen oder Fotos mit Deutungspotenzial
- eigene Zeichnungen oder Schülerarbeiten als Ausgangspunkt
b) Einführung und Impuls
- Einbettung in das Thema (z. B. „Was verändert sich, wenn Gottes Blick ins Bild kommt?“)
- Betrachtung und Analyse des Ausgangsbildes
- Impulsfragen:
- Was fehlt? Was irritiert? Was will ich verändern?
- Welche Botschaft soll das übermalte Bild ausdrücken?
c) Übermalen und Gestalten
- Mit Deckfarben, Transparentpapier, digitalen Mitteln oder Collagentechnik
- Einzel- oder Gruppenarbeit möglich
- Fokus auf symbolische oder narrative Ergänzungen, nicht „Verschönerung“
- Freiraum für Emotionen, Erfahrungen und spirituelle Zugänge
d) Auswertung und Deutung
- Präsentation im Plenum oder Galeriegang
- Deutende Reflexion: Was habe ich verändert – und warum?
- Bezug zu Bibeltexten, Liedern oder ethischen Fragestellungen möglich
- Optional: schriftliche oder meditative Nacharbeit (z. B. innerer Monolog, Gebet, Tagebucheintrag)
4. Praktische Hinweise zur Umsetzung
- Wertschätzende Atmosphäre schaffen: keine künstlerische Bewertung
- Materialien vorbereiten: Ausdrucke, Farben, Folien, Papier, Pinsel, Scheren
- Symbolsprache einführen oder aufbauen (ggf. mit Bildkarten oder Symbollexikon)
- Verschiedene Schwierigkeitsniveaus berücksichtigen: auch durch Vorgaben, Bildvorschläge oder Hilfslinien
- Integration in einen größeren Deutungszusammenhang (z. B. Unterrichtseinheit zu „Berufung“, „Verwandlung“, „Begegnung mit Gott“)
- Raum für Deutung offenlassen – kein „richtig“ oder „falsch“
5. Mögliche Themenfelder im Religionsunterricht
| Thema | Anwendungsidee für ein Bildübermalen |
|---|---|
| Biblische Geschichten | Ergänzung oder Veränderung einer biblischen Szene (z. B. Heilung, Kreuzigung, Auferstehung) |
| Gottesbilder | Bildimpuls zu einem Gottesbild – übermalen, was fehlt oder ergänzt werden soll |
| Gleichnisse | Bild zu einem Gleichnis mit eigener Deutung überarbeiten |
| Schuld & Versöhnung | Symbolbild überarbeiten mit Perspektive auf Neuanfang |
| Hoffnung & Licht | Dunkle Bilder mit Lichtmomenten versehen (z. B. Lichtspur, Trostsymbol) |
| Prophetie & Gerechtigkeit | Ungerechte Szenen mit Hoffnungsperspektive oder göttlichem Impuls ergänzen |
6. Fazit
Die Methode „Ein Bild übermalen“ ermöglicht im Religionsunterricht eine tiefgründige, kreative und persönlichkeitsbezogene Auseinandersetzung mit religiösen Themen. Sie schafft Raum für Deutung, Ausdruck und Transformation, verbindet ästhetische Bildung mit symbolischer Tiefe und fördert das individuelle Nachdenken über Glauben, Werte und Lebensthemen. Für angehende Lehrkräfte ist diese Methode ein zugänglicher und wirkungsvoller Weg, um religiöse Bildung gestalterisch und reflektiert zu fördern.


